Stand der Wissenschaft und Technik

Die Rapsverarbeitung in Europa erfolgt gegenwärtig in klassischen Ölmühlen und besteht aus der Pressung sowie einer Nachextraktion des Presskuchens mit Hexan, um die Ölausbeute zu steigern. Dabei ist Rapsöl das wertbestimmende Produkt. Die in den letzten Jahrzehnten optimierten Technologien ermöglichen so maximale Ausbeuten. Das Rapsextraktionsschrot bzw. der Rapspresskuchen werden als Koppelprodukt als konventionelles Futtermittel vermarktet. Im Raps enthaltene bioaktive und wertvolle Inhaltsstoffe wie beispielsweise Sinapin, Phytinsäure und Tocopherol werden nicht verwertet, da diese mit der klassischen Methode nicht mild gewonnen werden können. Auf dieser Grundlage gibt es kaum Potenzial zur Erhöhung der Wertschöpfung in konventionellen Ölmühlen. Durch die technologische Entwicklung der Rapsschälung in den letzten Jahren wurde jedoch die Grundlage geschaffen, den Anteil an antinutritiven Verbindungen und Faserbestandteilen in den Rapskernen zu minimieren, sodass die Qualität des Öls als auch des Rapsschrotes gesteigert werden kann und am Ende ein höherwertiges Rapskernkonzentrat auf den Markt gebracht werden kann.

Der Zellaufschluss und Direktextraktion im neuen Verfahren

Die konventionelle Extraktion erfolgt neben dem Pressen der Saat über eine Lösungsmittelextraktion mit Hexan. Essentiell für den Einsatz von Pressverfahren ist das Vorhandensein von Rohfaser‐ und Ballaststoffanteilen. Diese sind für den Produkttransport und Aufrechterhaltung des Druckes in der Presse erforderlich. Wenn jedoch geschälte Saaten (d.h. mit reduziertem Faseranteil) verarbeitet werden, ist die Verwendung von Pressverfahren nicht möglich. In diesem Fall muss die Ölgewinnung ausschließlich mittels Lösungsmittelextraktion, der sogenannten Direktextraktion, erfolgen.

Werkzeiug zum Aufschluss von Rapskernen
Werkzeiug zum Aufschluss von Rapskernen

Bei den herkömmlichen Verfahren zur Extraktion mit Kohlenwasserstoffen, wie Hexan, werden unerwünschte Begleitstoffe mit extrahiert, die den Aufwand der Ölraffination erhöhen. Auf der anderen Seite sind die bisher eingesetzten Kohlenwasserstoffe nicht dafür geeignet, spezifische wertvolle Inhaltsstoffe extraktiv aus der Saat zu gewinnen.

Im Gegensatz dazu können Alkohole für die Eliminierung von antinutritiven Substanzen aus dem Raps genutzt werden. Darüber hinaus ist es möglich, mit Alkoholen die Ölextraktion aus der Rapssaat bei gleichzeitiger Eliminierung der antinutritiven Substanzen in einem Verfahrensschritt zu vollziehen. Als geeignete Alkohole erwiesen sich vor allem Methanol, Ethanol und Isopropanol. Im Gegensatz zu Ethanol und Isopropanol könnten bei einer großtechnischen Anwendung des Methanols Gesundheitsschäden nicht ausgeschlossen werden, so dass es als Lösungsmittel in der Ölsaatenverarbeitung ungeeignet ist. Im Vergleich zeigt Isopropanol ein besseres Öllösungsvermögen, das selbst bei einem relativ hohen Wassergehalt (10…15 %) noch günstig ist. Ethanol besitzt jedoch die für die Rapsverarbeitung die ausschlaggebende Eigenschaft des besseren Lösevermögens für die antinutritiven Substanzen und weiteren wertvollen Pflanzeninhaltsstoffen.

 

Die Schälung von Rapssaat vor der ethanolischen Extraktion

Proteinreiches Rapskernkonzentrat
Proteinreiches Rapskernkonzentrat

Durch die Schälung von Rapssaat vor der weiteren Verarbeitung, lässt sich der Anteil an antinutritiven Substanzen und Faserbestandteilen minimieren, sodass die Qualität der Produkte gesteigert werden kann. Konventionelle Pressverfahren der klassischen Ölmühlen lassen sich auf die geschälte Rapssaat mit entsprechend niedrigem Restschalenanteil nicht anwenden, da der Faseranteil im zu verarbeitenden Material zu gering ist. Nach dem aktuellen Stand der Technik besteht der Prozess zur Schälung von Rapssaat aus den Schritten des Aufbrechens der Saat und der anschließenden Abtrennung der Schalen von den Rapskernen in Luftströmen. Industrieanlagen zur Schälung von Rapssaat werden Leistungen von bis zu 1.000 t/d und höher haben. Somit liegt ein Entwicklungsbedarf für die industrielle Umsetzung auf der Hand. Ziel muss es sein, die bereits im kleinen Maßstab erzielten Ergebnisse zu nutzen, um ein kontinuierliches Verfahren mit der entsprechenden Anlagentechnik zu entwickeln, welches eine Leistung von etwa einer Tagestonne in der Pilotanlage und höher haben wird. Diese Leistungsklasse lässt ein Produkthandling zu und ist zudem skalierungsfähig, um die notwendigen Erkenntnisse für die Konzeption einer praxisgemäßen Anlage zu erhalten.


Projektvorstellung zurück zur Projektvorstellung